- Pensionsrückstellungen
- Begriff des Handels- und des Steuerrechts. ⇡ Rückstellungen für bestimmte betriebliche ⇡ Pensionsverpflichtungen (Pensionsanwartschaften und Pensionsansprüche) aus einer unmittelbaren Versorgungszusage (⇡ Direktzusage).I. Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung:1. Der Pensionsberechtigte muss einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen haben.- 2. Die Rückstellung darf nur gebildet werden, wenn die Pensionszusage keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder wenn ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Hinderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist.- 3. Die Pensionszusage muss schriftlich erteilt sein.II. Handelsbilanz:P. können steuerrechtlich nur anerkannt werden, wenn sie auch in der Handelsbilanz des Unternehmens ausgewiesen sind. Handelsrechtlich besteht für unmittelbare (d.h. ohne Zwischenschaltung eines Rechtsträgers zwischen sich verpflichtendem Unternehmen und Pensionsberechtigten) Pensionszusage, die rechtsverbindlich nach dem 31.12.1986 gegeben wurde (Neuzusage), nach § 249 HGB Art. 28 EGHGB eine ⇡ Passivierungspflicht; dagegen für Altzusagen, deren Erhöhung und pensionsähnliche Verpflichtungen ⇡ Passivierungswahlrecht. Es kann vorkommen, dass der handelsrechtliche Ansatz höher ist als der Ansatz in der Steuerbilanz, weil inbes. bei der vorgeschriebenen Barwertzahlung kein Zinsfluss zwischen 4 und 6 Prozent als zulässig gilt (steuerlich: 6 Prozent); indes bildet der handelsrechtliche Bilanzansatz stets die (Höchst-)Grenze für den Ansatz in der Steuerbilanz.- Die steuerlichen Zuführungen können jedoch in einem Wirtschaftsjahr die in der Handelsbilanz vorgenommenen Zuführungen überschreiten, soweit in der Steuerbilanz keine höhere Rückstellung ausgewiesen wird als in der Handelsbilanz (R 41 XX EStR).III. Steuerbilanz:1. Gesetzliche Grundlage: § 6a EStG.- 2. Bilanzierung (Passivierung): Für unmittelbare (d.h. ohne Zwischenschaltung eines Rechtsträgers zwischen sich verpflichtendem Unternehmen und Pensionsberechtigten) Pensionszusagen (⇡ Direktzusage), die rechtsverbindlich nach dem 31.12.1986 gegeben wurden (Neuzusagen) besteht aufgrund des ⇡ Maßgeblichkeitsprinzips – wie in der Handelsbilanz – Passivierungspflicht, wenn die Voraussetzungen des § 6a I und II EStG erfüllt sind. Das handelsrechtliche Passivierungswahlrecht für Altzusagen und pensionsähnliche Verpflichtungen gilt auch steuerlich mit der Maßgabe, dass die Entscheidung in Handels- und Steuerbilanz in gleicher Weise getroffen werden muss.- 3. Berechnung: Notwendig ist die inventurmäßige Erfassung des Bestandes an Pensionsverpflichtungen zum Bilanzstichtag. Die Berechnung erfolgt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, d.h. unter Berücksichtigung der Zinswirkung und der Wahrscheinlichkeit der Realisierung. Dabei ist jede Pensionsverpflichtung als Wirtschaftsgut für sich zu betrachten. Die ⇡ Fluktuation wird dadurch berücksichtigt, dass mit der Bildung von P. erst ab dem Alter 30 des Pensionsberechtigten begonnen werden darf.- 4. Bildung der P.: a) Zeitpunkt: P. darf erstmals gebildet werden: (1) Vor Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem die Pensionszusage erteilt wird, frühestens jedoch für das Wirtschaftsjahr, bis zu dessen Mitte der Berechtigte das 28. Lebensjahr vollendet; (2) nach Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem der Versorgungsfall eintritt.- b) Eine P. darf höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Als Teilwert gilt: (1) Vor Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahrs abzüglich des sich zu demselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge; (2) nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten unter Aufrechterhaltung seiner Pensionsanwartschaft oder nach Eintritt des Versorgungsfalls der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahrs. Bei der Teilwertermittlung sind ein Rechnungszinsfuß von 6 Prozent und die versicherungsmathematischen Grundsätze anzuwenden.- c) Die jährlichen Zuführungen zu einer P. sind beschränkt (Höchstgrenze) auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des laufenden Wirtschaftsjahrs und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs.- d) Rückstellungsfähige Einmalrückstellungen ergeben sich: (1) Zu Beginn der Rückstellungsbildung, wenn die Pensionszusage erst nach dem Beginn des Dienstverhältnisses und nach dem Alter des Berechtigten erteilt wird; (2) im Laufe der Rückstellungsbildung bei Erhöhungen der Pensionszusage (bes. bei der Anpassung an Lohn- und Gehaltssteigerungen). Einmalrückstellungen können auf drei Jahre, beginnend mit dem Jahr der Entstehung, gleichmäßig mit je einem Drittel verteilt werden. Beruht die Einmalrückstellung auf einer Erhöhung des Pensionsanspruchs, so ist die Verteilung nur zulässig, wenn sich der Barwert der Pensionsverpflichtung um mehr als 25 Prozent erhöht hat. Soweit eine Erhöhung durch einen Wechsel auf neue biometrische Berechnungsgrundlagen vorgenommen wird, muss der Unterschiedsbetrag mindestens auf drei Jahre verteilt werden.- e) Für Neuzusagen ist der Rückstellungsbetrag zwingend um die jährlichen Zuführungen zu erhöhen. Besteht handelsrechtlich insoweit ein Wahlrecht, so ist dieses in der Steuerbilanz – begrenzt auf die Teilwertdifferenz – in gleicher Weise wie in der Handelsbilanz auszuüben.- f) Eine zulässigerweise unterlassene Zuführung kann in späteren Jahren nicht nachgeholt werden. Dieses Nachholverbot hat seine Bedeutung weitgehend verloren. Es wirkt sich noch aus, wenn ein Unternehmen seine Pensionsrückstellungen handelsrechtlich auf der Grundlage eines höheren Zinsfußes als 6 Prozent errechnet oder wenn Altzusagen vor 1986 nicht passiviert worden sind. In einem solchen (seltenen) Fall können auch in der Steuerbilanz nur die in der Handelsbilanz passivierten Beträge angesetzt werden.- 5. Auflösung der P.: Nach Eintritt des Versorgungsfalls ist die P. aufzulösen. Dies geschieht grundsätzlich in der Weise, dass in jedem Jahr der Unterschiedsbetrag zwischen dem versicherungsmathematischen Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahrs und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs den Gewinn erhöht. Die laufenden Pensionszahlungen sind als abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen.- 6. P. und Rückdeckungsversicherung: Hat ein Unternehmen eine P. durch Abschluss eines Versicherungsvertrages rückgedeckt, so ist der Rückdeckungsanspruch als selbstständiges ⇡ Wirtschaftsgut unabhängig von der P. in der Steuerbilanz zu aktivieren (⇡ Lebensversicherung). Die beiden Bilanzposten dürfen nicht miteinander saldiert werden.- 7. P. beim Organträger: P. beim ⇡ Organträger für Beschäftigte des Organs sind steuerlich nur zulässig, wenn ein steuerlich anzuerkennender ⇡ Gewinnabführungsvertrag vorliegt.- 8. P. für Versorgungszusagen an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft: a) Eine P. kann i.Allg. nur gebildet werden, wenn zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme der Gesellschaft aus der Verpflichtung zu rechnen ist, diese also eine Last darstellt. Das setzt voraus, dass klare Vereinbarungen getroffen sind und der Gesellschafter-Geschäftsführer – soweit voraussehbar – nach den Umständen zum vorgesehenen Zeitpunkt tatsächlich aus den aktiven Diensten der Gesellschaft ausscheidet.- b) Für den beherrschenden (mehr als 50 Prozent) Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft wird die Bildung einer P. anerkannt, wenn die Pensionsleistung im in der Versorgungszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintrittes des Versorgungsfalles beginnt, der für Gesellschafter-Geschäftsführer das 65. Lebensjahr nicht unterschreiten darf. Außerdem darf die Summe der Bezüge nicht unangemessen hoch sein.- 9. P. für Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften: Diese sind nicht zulässig, da solche Pensionszusagen als Gewinnverteilungsabreden zwischen den Gesellschaftern anzusehen sind, die den Gewinn der Gesellschaft nicht beeinflussen dürfen und somit eine P. ausschließen. Die Höhe der Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers an der Gesellschaft ist ohne Bedeutung. Das Verbot der Bildung von P. gilt auch bei einer Versorgungszusage an die Witwe eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Das Verbot gilt aber nicht bei Pensionszusagen, die dem Ehegatten oder Kindern des Gesellschafters der Personengesellschaft gegeben werden, wenn diese selbst Arbeitnehmer der Personengesellschaft sind.IV. Bewertungsgesetz:1. Sachliche Voraussetzungen: Die sachlichen Voraussetzungen, unter denen P. bei der Ermittlung des ⇡ Betriebsvermögens berücksichtigt werden können, sind die gleichen wie sie für die Steuerbilanz gelten.- 2. Ermittlung: Für die Ermittlung des abzugsfähigen Betrags der P. sind zu unterscheiden: a) Ab dem 1.1.1993 sind P. dem Grunde und der Höhe nach aus der Steuerbilanz zu übernehmen, wenn der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 I 5 EStG ermittelt (⇡ verlängerte Maßgeblichkeit).- b) Pensionsverpflichtungen, die nicht unter a) fallen: Für diese Pensionsverpflichtungen ist ein Tabellenwert nach den Vorschriften des § 104 V BewG zu ermitteln.- Ist der Versorgungsfall noch nicht eingetreten, so ist die zugesagte Jahresrente im Verhältnis der zurückliegenden Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit aufzuteilen und mit einem Vervielfältiger zu multiplizieren. Der Vervielfältiger ist für den noch nicht ausgeschiedenen Anwartschaftsberechtigten und für den Fall des Beginns der Pensionszahlung mit Vollendung des 63. Lebensjahres der Anlage 10 zum BewG zu entnehmen. Für abweichende Zeitpunkte gelten Zu- und Abschläge. Für bereits eingetretene Verpflichtungen gelten die Vervielfältiger der Anlage 13 zum BewG; vgl. § 104 VI–XII BewG.- Hat der Unternehmer eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, so werden der anzusetzende Kapitalwert der Versicherungsansprüche nach § 12 IV BewG und der für die P. abzugsfähige Betrag nach § 104 BewG jeweils selbstständig ermittelt.V. Finanzierungswirkung:Wenn ein Jahresüberschuss vorhanden ist, führen P. zu einem Finanzierungseffekt, der abhängig ist von der Gewinnverwendung (Ausschüttung oder Thesaurierung), vom Spitzensteuersatz, von der Beleihungsfähigkeit der mit diesen Mitteln beschafften Vermögenswerte und von der Zeitdauer der Rückstellungsbildung.- 1. Gewinnverwendung: a) Bei Ausschüttung des Gewinns bewirkt die Zuweisung zu den P. eine Finanzierung in Höhe des vollen Zuweisungsbetrags. Ohne P. wäre dieser Betrag durch Zahlung der Steuern und die Ausschüttung aus dem Unternehmen geflossen.- b) Bei Thesaurierung hätte das Unternehmen den Gewinn nach Zahlung der Steuern den Rücklagen zugewiesen. Durch Zuweisung zu den P. wird der Gewinn gemindert. Die Zuweisung ist ein Aufwand (noch keine Ausgabe), es entfällt demnach die Steuerschuld, die sonst den entsprechenden Gewinn geschmälert hätte. Die Finanzierungswirkung entspricht der Höhe dieser Steuerlast.- 2. Spitzensteuersatz: Im Fall der Thesaurierung ist die Höhe des Finanzierungseffektes von den Steuersätzen abhängig, und zwar von der Spitzenbelastung.- 3. Beleihungsfähigkeit: a) Die mit P. finanzierten Vermögenswerte sind unbelastet und keiner rechtlichen Beschränkung unterworfen. Durch die Beleihungspotenziale (Verpfändung, Sicherungsübereignung) erweitert sich der Kreditspielraum.- b) Bei großer Zahl von Versorgungsanwärtern, ausgewogener Altersstruktur und mindestens gleichbleibender Unternehmensgröße stehen die P. in berechenbarer Höhe (Beharrungszustand) dem Unternehmen für unbegrenzte Zeit zur Verfügung. Banken beziehen diese bei der Unternehmensbewertung mit ein (graues Eigenkapital). Bei Unternehmen mit wachsender Zahl von Versorgungsanwärtern, oder solchen mit gleichbleibender Zahl von Anwärtern, aber dynamischen Anwartschaften und Ansprüchen, wachsen die P. und damit das auf diese Art der Innenfinanzierung gebildete Kapital ständig.- 4. Zeitdauer: Der Finanzierungseffekt durch Bildung einer P. ist umso größer, je größer der zeitliche Abstand zwischen ihrer Bildung und den Pensionszahlungen ist.
Lexikon der Economics. 2013.